Projektinhalt

Ausgangssituation

Organisation und Arbeit werden in zunehmendem Maße projektifiziert. Wissensintensive Aufgaben, komplexe Problemlösungen lassen sich zunehmend nur noch in Gestalt von Projekten bewältigen. Denn mit Projekten kann in Abweichung von der Linien- und Funktionalorganisation ausdifferenziertes und verteiltes Wissen (betrieblich und überbetrieblich) flexibel und problemspezifisch vernetzt und integriert werden. Die temporäre Vernetzung von Kenntnissen und Fähigkeiten wird für eine wachsende Anzahl von Unternehmen zu einem kritischen Erfolgsfaktor. Angesichts dessen steigt das Interesse an einer Professionalisierung des Projektmanagements. Vielfach dominieren dabei allerdings ingenieurwissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Ansätze, die in erster Linie auf eine Perfektionierung der Planung und Kontrolle zielen.

Ausgangspunkt neuerer wissenschaftlicher Beiträge zum Projektmanagement ist dagegen das Spannungsverhältnis zwischen Berechenbarkeit und Steuerbarkeit einerseits und der für anspruchsvolle Problemlösungen erforderlichen Freisetzung von Kreativität und Selbstorganisation andererseits. Hervorgehoben wird, dass die stets mit der Organisation wissensintensiver Projekte verbundenen Unwägbarkeiten und Anforderungen mit formalen Planungsinstrumenten allein nicht zu bewältigen sind. Projekte seien nicht als abgeschlossene, planbare Organisationseinheiten, sondern als "emerging processes" zu betrachten. Gegenüber der Planung wird der Ausführung, dem Prozess des Organisierens, der Interaktion der Akteure sowie der Einbettung der Projekte in ihr organisatorisches Umfeld mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Verhaltensaspekten wie Commitment, Interessen, wechselseitigen Abhängigkeiten und Erwartungen, Lernprozessen und den Ansprüchen an die Arbeit (Autonomie, Selbstentfaltung, work life balance) wird ein größerer Stellenwert eingeräumt. Besonders wissensintensive Projekte verlangen von Führungskräften und Mitarbeitern Verhaltensweisen und Einstellungen, die mit den traditionellen Arbeitstugenden wenig gemein haben. Häufig wird in den Betrieben deshalb von Wissensarbeitern heute mehr Selbständigkeit sowie unternehmerisches Denken und Handeln erwartet. Wie wir aus anderen Studien wissen, stehen hochqualifizierte Angestellte diesen Erwartungen und der Arbeitsform Projekt prinzipiell aufgeschlossen gegenüber.

 

Fokus Contracting

Daraus, dass wissensintensive Projektarbeit inhaltlich vorab gar nicht en detail geplant werden kann, resultieren besondere Anforderungen an die Regulation von Arbeitsleistung:

 

  • Sie wird mit Hilfe des Management by Objectives (Zielvereinbarungen; Kosten-, Qualitäts-, Zeitziele) ergebnisorientiert koordiniert, kontrolliert und kontraktualisiert.
  • Die Gestaltung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereichen ist zum großen Teil Gegenstand der Aushandlung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Dabei ist das Contracting, d.h. die Art, wie Arbeit und Arbeitsleistung in Projekten koordiniert und kontraktualisiert wird, kennzeichnend für die Qualität des Projektmanagements. Wir begreifen es als wesentlichen Bestandteil praktischer Projektkompetenz und gehen davon aus, dass die in den Projekten geforderten Veraltensweisen und Einstellungen maßgeblich durch die betriebliche Praxis des Contracting beeinflusst werden. Es entscheidet unter anderem auch darüber, ob und inwieweit die Mitarbeiter ihre Werthaltungen und Ansprüche an die Arbeit realisieren können (Motivation).
  • Die Auseinandersetzung mit dem Contracting erstreckt sich sowohl auf explizite als auch auf implizite Verträge. Zu den expliziten Verträgen rechnen wir neben den Arbeitsverträgen (das dürften im Falle wissensintensiver Projekte überwiegend AT-Verträge sein) auch das Management by Objectives sowie andere Führungsinstrumente wie z.B. Mitarbeitergespräche und Personalbeurteilungen. Für die Kontraktualisierung der Arbeitsleitung ist ferner bedeutsam, ob und ggf. wie variable Entgeltbestandteile an den Grad der Zielerreichung gekoppelt werden. Das Contracting umfasst darüber hinaus stets auch implizite Arbeitsverträge, die im Kern aus den wechselseitigen Erwartungshaltungen der Vertragsparteien (Vorgesetzte und Mitarbeiter) bestehen. Sie sind von Werthaltungen und Gefühlen geprägt und haben maßgeblichen Einfluss auf das Arbeitsverhalten.

 

Fragen

Anhand ausgewählter Projekte (Fallstudien) soll die betriebliche Gestaltung und Praxis des Contracting ermittelt werden (Inhalt, Form, Ablauf von Aushandlungsprozessen).

 

Wie prägen unterschiedliche Rahmenbedingungen und Projektmanagementmodelle (insbesondere die Einbettung der Projekte in die Funktional-/Linienorganisation) das Contracting?

 

Welcher Stellenwert wird dem Contracting bei den betrieblichen Ansätzen zur Professionalisierung des Projektmanagements eingeräumt? - Welche Verhaltensweisen und Arbeitseinstellungen erwartet das Management von den Projektmitarbeitern?

 

Welche Erwartungen und Ansprüchen haben Hochqualifizierte an ihre Arbeit und an das Contracting?

 

Was ist aus Sicht des Managements und aus Sicht der Projektmitarbeiter an der Art der Kontraktualisierung von Arbeitsleistung verbesserungsbedürftig?

 

Ziele

Theoretisches Erkenntnisinteresse

 

* Ein Beitrag zur Diskussion um einen Arbeitstyp (wissensintensive Dienstleistungen) und eine Arbeitsform (Projekt), die künftig Arbeit und Leben stärker prägen werden (Wissensgesellschaft).

 

* Die theoretische Ausarbeitung der Vertragsperspektive als Ansatz zur Beschreibung von Arbeitsbeziehungen in temporären Organisationen (Organisation als Nexus von Verträgen).

 

Praktisches Erkenntnisinteresse

 

* Gestaltungshinweise zur betrieblichen Regulation von Wissensarbeit.